Das Prinzip.

Das Schwammstadtprinzip setzt verschiedene Maßnahmen und bauliche Elemente ein, um die natürlichen Funktionen des Bodens aktiv für die Wasserrückhaltung zu nutzen und dadurch auf natürliche Weise dem Klimawandel in Siedlungen zu begegnen (DWA Bayern)

Ein Konzept der Siedlungsplanung

Die Schwammstadt bzw. das Schwammdorf ist ein Konzept der Siedlungsplanung, mit dem die Auswirkungen des Klimawandels in dicht besiedelten Gebieten abgemildert werden können. In Siedlungsräumen anfallendes Regenwasser wird in diesem Konzept lokal aufgenommen und gespeichert, statt es in Rohren und Kanälen abzuleiten. Bei Starkregenereignissen sollen dadurch Überflutungen verringert bzw. ganz vermieden werden. Durch die Speicherung des Regenwassers im Boden soll die Vegetation im Siedlungsgebiet gefördert und das Lokalklima verbessert werden. Die Gesundheit von Stadtbäumen und die Resilienz des gesamten Stadtökosystems soll gefördert werden. Somit nimmt dieses Siedlungsplanungskonzept nicht nur die Klima- sondern auch die Biodiversitätskrise in den Blick. Spezielle Bedeutung kann das Konzept in stark verbauten Zonen erlangen, in denen neben der Überflutungsgefahr auch eine besondere Aufheizung durch Sonneneinstrahlung wirkt.

Das Schwammstadtkonzept reduziert die Menge an Niederschlagswasser, die insbesondere bei Starkregen über die Kanalisation abgeleitet werden muss. Die Zwischenspeicherung des Regenwassers an Ort und Stelle z.B. durch versickerungsfähiges Pflaster, urbane Feuchtgebiete, horizontale und vertikale Grünflächen soll zudem die sommerliche Aufheizung versiegelter Flächen und Fassaden reduzieren und durch die Verdunstungsleistung der Pflanzen zur Kühlung des Siedlungsraums beitragen. Gleichzeitig müssen die Untergründe der besiedelten Fläche für die Anlage von Verkehrswegen und Gebäuden dauerhaft ausreichend tragfähig sein. Elemente des Konzepts Schwammstadt/-dorf sind unter anderem Bäume, begrünte Fassaden und Dächer, Mulden zur Wasserrückhaltung, Baumrigolen (unterirdische Wasserspeicher aus Kies und Substrat), Teiche und andere dauerhafte offene Wasserflächen, künstliche Feuchtgebiete.

Der Begriff „Schwammstadt“ ist eine eingetragene Wortmarke des Berliner Büros bgmr Landschaftsarchitekten GmbH.

Das Schwammstadtkonzept macht sich in weiten Teilen die Eigenschaften des „gewachsenen“ Bodens zu Nutze. Es handelt sich dabei um natürliche Böden, die einer langen Entwicklungsphase unterlagen und nicht um künstliche (anthropogene) Auffüllungen aus Baumaßnahmen oder gärtnerischen Projekten. So genannter Mutterboden oder sonstige Substrate wie Pflanzerden sind keine natürlichen Böden. Natürliche Böden bestehen zu verschiedenen Anteilen aus mineralischen und organischen Bestandteilen. Ein „optimaler“ Boden besteht zu 50 Prozent daraus. Der Rest sind mit Luft gefüllte Poren. Die Poren sind, je nach Lage des Bodens in der Landschaft und den Niederschlagsverhältnissen, mehr oder weniger mit Wasser gefüllt.

Im Laufe von Jahrtausenden entstandener Boden (links) mit all seinen positiven Eigenschaften für alle Landökosysteme wird durch menschliches Handeln versiegelt (rechts) und damit funktionslos.

Böden haben vielfältige Eigenschaften. Die wichtigsten sind seine Korngrößen- und Porengrößenverteilung, sein Gehalt an organischer Substanz, die Art des Gefüges, sein Verhalten gegenüber Wasser (Konsistenz), sein Ionenaustauschvermögen (Nähr- und Schadstoffe), seine Dichte, seine Farbe, sein pH-Wert, seine Wasserkapazität, Feldkapazität und nutzbare Feldkapazität. Die Bodeneigenschaften liefern wichtige Aussagen zur Standortqualität für Pflanzen, sei es für den Wein-, Acker- oder Feldbau oder für Parkanlagen, Wälder, Moore usw. Die Bodeneigenschaften geben auch Auskunft über die Entwicklungsgeschichte eines Bodens. Weiterführende Infos hält die Handreichung „Lernort Boden“ bereit.

Vorteile einer Schwammstadt-Siedlung mehr lesen schließen

Dach- und Fassadenbegrünungen, Baumrigolen und Rückhalteräume für Niederschlagswasser minimieren den Abfluss über das Kanalnetz und die Verdunstungsleistung der Vegetation beschattet und kühlt die Siedlung (Holzförster & Regelous, 2021).

Bei Starkregen sind die Kanalnetze durch die heutige hohe Flächenversiegelung in den Siedlungsgebieten, insbesondere in Städten, schnell überlastet. Als Folge kommt es zu Sturzfluten. Das Schwammstadtkonzept bietet eine effektive Strategie, um das Regenwasser im Siedlungsbereich zurückzuhalten und die Abwasserkanäle zu entlasten. Auch gegen urbane Hitzeinseln und langanhaltende Trockenheit sind in diesem Konzept effektive Maßnahmen enthalten. Eine Begrünung von Dächern, Fassaden und Straßenzügen fördert die Verdunstung und kühlt urbane Bereiche. Das Stadtklima verbessert sich.

Einer der großen Vorteile des Schwammstadtkonzepts sind grundlegend verbesserte Lebensraumbedingungen von Stadtbäumen. Im klassischen Städtebaukonzept haben sie oft zu wenig Platz für Wurzeln (und damit Kronen), stehen auf verdichtetem Boden mit verschmutzter Luft und müssen mit Streusalz im Winter zurechtkommen. Zudem steht ihnen wenig Wasser zur Verfügung, weil der Niederschlag in die Kanalisation geleitet wird. Stadtbäume können so ihr Potenzial als Schattenspender, Klimaanlage, Kohlenstoffdioxid-Sammler, Sauerstoffproduzent und Lebensraum für Kleinsäuger, Vögel und Insekten in den meisten Fällen nur sehr eingeschränkt umsetzen.

In einer als Schwammstadt angelegten Siedlung bekommen die Wurzeln mehr Platz und können größere und damit wirksamere Kronen ausbilden. Letztlich werden sie dadurch auch älter als die durchschnittlichen 20 Jahre eines gewöhnlichen Stadtbaums. Das kommt direkt den Bewohnern der Siedlung zugute, vor allem bei den Folgen des Klimawandels mit längeren Trockenphasen und Hitzeperioden sowie häufigeren Starkregenereignissen.

Nachteile einer Schwammstadt-Siedlung mehr lesen schließen

Es gibt keine. Selbstverständlich kann eine Großstadt nicht über Nacht in eine ideale Schwammstadt umgebaut werden, und schon gar nicht ohne einen massiven Einsatz finanzieller Mittel. Neu- und Umbauprojekte können jedoch in jeder Siedlung das Schwammstadtkonzept insgesamt oder einzelne Aspekte daraus aufgreifen. Es stellt sich einfach nur die Frage, ob zukunftsorientiert und nachhaltig gedacht werden soll (vgl. z.B. Nachhaltigkeitsziel 11 „Nachhaltige Städte und Gemeinden“ der UNESCO).

Aktivitäten aus dem Klimakoffer – Gründe für das Schwammstadtkonzept erkennen mehr lesen schließen

Die Daten der Geowissenschaften zeigen, dass sich das Klima in der gesamten Erdgeschichte in beständigem Wandel befindet. Getrieben durch die Bahnparameter des Erdumlaufs um die Sonne sowie zahlreiche Prozesse auf der Erde selbst verändert sich das Klima des Planeten in Zeiträumen von Tausenden bis hunderte Millionen Jahren. Für die letzten 150 Jahre erkennen die Datensätze sämtlicher Naturwissenschaften eine deutlich rasantere globale Klimaveränderung als in den Jahrmillionen zuvor. Das Wissen um die physikalischen Vorgänge in der Atmosphäre erklärt diese Anomalie zwingend mit dem Beginn des Ausstoßes klimawirksamer Gase durch Verbrennung fossiler Energieträger wie Kohle, Erdöl und Erdgas.

Mit dem Klimakoffer können die physikalischen Hintergründe des Klimawandels verstanden und durch die im Koffer enthaltenen Aktivitäten überprüft werden. Die Bilanz aus Sonneneinstrahlung auf die Erde und Wärmeabstrahlung an den Weltraum ist die Grundlage (vgl. Aktivitäten 2 und 3). Die in einem Strahlungsbilanzgleichgewicht stehende Atmosphäre wird durch Impulse wie z.B. die Freisetzung von Gasen gestört (vgl. Aktivitäten 4 und 5), kann diese Störungsimpulse aber z.B. durch Pufferung der Gase im Ozean zunächst mildern (vgl. Aktivität 8).

Das Schwammstadtkonzept vor der Haustür – wir packen’s selber an mehr lesen schließen

Hinreichend deutlich ist inzwischen, dass der globale Klimawandel nicht aufzuhalten ist. Die Menschheit entscheidet durch ihr Verhalten lediglich noch wie die Auswirkungen des Klimawandels gestaltet werden können. Hitzesommer, Dürren und Starkregenereignisse dürften neben Stürmen in Bayern die größten Auswirkungen sein, die sich in erhöhter Sterblichkeit (Stichwort „Hitzetote“) und stark steigenden finanziellen Anstrengungen zur Abmilderung der Schadensereignisse wie z.B. Fluten (Stichwort „Ahrtal“), Ernteausfälle und Waldbränden ausdrücken werden. Für die Siedlungsräume in Bayern wird bereits seit Jahrzehnten das Flächensparen angemahnt. Das Ziel des Flächensparens ist, weniger Fläche zu versiegeln, d.h. der Fläche die Sickerfähigkeit für Niederschlagswasser zu erhalten, um Überflutungen vorzubeugen. Das Schwammstadtkonzept geht noch einen gezielten Schritt weiter, indem es das versickerte Niederschlagswasser speichern und in Hitzeperioden zur direkten Kühlung durch Wasserflächen und indirekten Kühlung durch die Verdunstungskälte von Pflanzen nutzen will. Dadurch will das Schwammstadtkonzept zur Abmilderung des Klimawandels vor Ort beitragen.

In der Schule kann das Schwammstadtkonzept – und durchaus auch als Schwammdorfkonzept – aufgegriffen werden, um damit ein Projekt für das Schulumfeld zu entwickeln. Es gilt also Hintergründe zu verstehen, sich ein Bild von der Schulumgebung zu machen, eine wissenschaftliche Datengrundlage zu schaffen, diese zu interpretieren und letztlich Schlüsse zu ziehen um sich dann aktiv in die Gestaltung des Gebiets einzubringen. Eine Vision zu haben, schadet dabei sicherlich nicht.

Und nun? mehr lesen schließen

Entwickelt aus Euren Versuchen und den gewonnenen Kenntnissen eine Vision für ein Stückchen nachhaltige Gemeinde bzw. nachhaltige Stadt. Begründet es gut und tragt Eure Vision in einer guten Präsentation den relevanten Stellen vor, die sie letztlich umsetzen könnten. Das kann ganz unmittelbar die Schulfamilie sein oder ein Grundstückseigentümer, aber auch der Gemeinde- oder Stadtrat.

Sprecht mit Eurer Sparkasse über eine Förderung und nehmt am Wettbewerb „Schwamm|statt|Hitze“ teil, um Eure Vision sichtbar zu machen und am Ende sogar mit Unterstützung Eurer Sparkasse vor Ort und der Bayerischen Sparkassenstiftung umzusetzen.

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